Lechler Forum „Spiritualität im Sozialraum“ fand am 28.09.2023 statt

Sozialraumorientierung und Spiritualität: Ist das wirklich eine „starke Verbindung“, wie es in der gut besuchten Tagung von Hospitalhof, Diakonie Württemberg und Sozialwissenschaftlichem Institut am Donnerstag, 28. September behauptet wurde? Klar wurde, dass neben den guten Chancen, die Kirche und Diakonie in den Gemeinden und Städten mit ihrer Botschaft, ihren Angeboten und Gebäuden haben, auch die aktuelle Krise viele Möglichkeiten bietet, gestaltend wirksam zu sein vor Ort. Zunehmend leerstehende Gebäude und weniger Menschen bei der Gestaltung des Gemeindelebens zwingen auch dazu, sich auf das, was Kirche und Diakonie ausmacht, zu besinnen und damit sicht- und erlebbar zu werden.

„Gerade Menschen, die bedürftig sind, brauchen die von uns geschaffenen Brücken in den Sozialraum. Kirche kann so diese Menschen, die sie vielfach schon verloren hat, neu entdecken“, betonte etwa Götz Kanzleiter vom Projekt „Aufbruch Quartier“. Der sozialpolitische Vorstand des Diakonischen Werks Württemberg sieht gelebte Spiritualität auch in der diakonischen Arbeit vor Ort, die nach guten und lebensnahen Lösungen für die Menschen sucht und sich für sie stark macht. „Hier gehen soziale diakonische Arbeit und die Umsetzung des kirchlichen Auftrags eine wahrhaft starke Verbindung ein“. Gerade in solchen Krisenzeiten brauche es aber den „Kairos“, also die Fähigkeit, diese Chancen auch zu ergreifen. Deshalb braucht es nach den Worten von Professor Dr. Johannes Eurich von der Universität Heidelberg so etwas wie ein „absichtsloses Rausgehen von Kirche in den Sozialraum und dabei eine geistliche und spirituelle Mitte“. Dass Kirchengemeinden heute nicht mehr wie noch vor Jahren oft eine Alleinstellung in den Gemeinden hatten, wird auch als Chance gesehen, wenn man sich mit allen Akteuren vor Ort gut verbindet und dadurch gestalten kann.

Wie Spiritualität konkret aussehen kann, skizzierte der Flughafenseelsorger Matthias Hiller aus der Evangelischen Landeskirche in Württemberg: „Wir geben jedem das Gefühl, dass Gott ihn mag, helfen aber auch ganz praktisch, wenn die Schlange zum Klo unendlich lange ist und das Kind nicht mehr warten kann“. Vertreter der Quartiersinitiative „Q8“ in Hamburg sehen ihre Aufgabe so: „Wir wollen als Diakonie und Kirche gemeinsam die Quartiere stark machen und ihre Resilienz stärken. Dazu müssen wir die Interessen der anderen erkennen, an ihnen ansetzen und uns kümmern“. Der Diakonie-Vertreter aus Hamburg macht es plastisch: „Wenn Kirchengemeinden dann noch mit dabei sind, dann ist das für die Diakonie Gold wert“. So könne man „Verantwortung tragen für die Umwelt“.

Für den Mitveranstalter und emeritierten Professor Dr. Gerhard Wegner ist „Sozialraum ein Kraftfeld, in dem wir Erfahrungen eines guten Lebens machen können zum Wohl des Nächsten“. Hier sieht er Kirche als einen „Teil der gesellschaftlichen Transformation, bei der wir nicht passiv bleiben dürfen“. Und auch Dr. Eurich ist sich sicher, dass spirituelle Orte an sich schon „etwas machen mit den Menschen“, aber Menschen auch „Gott suchen, wenn sie nicht zur Kirche gehören“. So hat auch Mario Novak bei Aktionen der City Pastoral Stuttgart in der Fußgängerzone festgestellt, dass „viele auch junge Menschen dankbar und positiv überrascht“ sind, dass Kirche da ist. Für ihn ist es so: „Das Evangelium ereignet sich immer wieder und in großer Vielfalt vor Ort, ein interaktives Experimentierfeld mit try und error“.

Die Tagung fand in Kooperation mit der Lechler Stiftung Stuttgart, dem Diakonischen Werk Württemberg, dem Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD dem Diakoniewissenschaftlichen Institut der Uni Heidelberg und dem  Senior Consulting Service Diakonie e.V. , sowie dem Evangelischen Bildungszentrum Hospitalhof statt. Besprochen wurde dabei, wie Kirche und ihre Diakonie in den Quartieren und Nachbarschaften erkennbar bleibt und es wieder werden kann. Hier war auch das Projekt „Diakonissen im Quartier“ der Diakonissenanstalt ein wichtiger Impuls. Nach dem Motto: „Wir haben eine gemeinsame Gegenwart und Zukunft im Quartier“.

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